Pınar Selek
PINAR SELEK VORM EUROPA-PARLAMENT : "WIR ALLE SIND PINAR SELEK"

Am Montag, dem 6. Dezember, befasste sich die Versammlung der Delegation EU-Türkei mit der hartnäckigen Verfolgung und Bedrohung der türkischen Menschenrechtlerin Pinar Selek durch Justizbehörden ihres Landes.

Die türkische Soziologin, Schriftstellerin und Aktivistin Pinar Selek ist bekannt für ihre wissenschaftlichen Untersuchungen zum Friedensprozess und zur Frage der Entmilitarisierung, aber auch für ihren Einsatz für die schwächsten Teile der Gesellschaft. Wir begrüßen einhellig ihre Arbeit als aktive und engagierte Bürgerin und wünschten, es würde in allen Zivilgesellschaften mehr solche Menschen wie Pinar Selek geben. Ebenso einhellig verurteilen wir die Verfolgung und Bedrohung, denen Pinar Selek seitens der türkischen Justiz ausgesetzt ist.

Angeklagt, 1998 auf dem Ägyptischen Basar in Istanbul eine Bombe gezündet zu haben, wurde Pinar inhaftiert und gefoltert und saß zweieinhalb Jahre im Gefängnis, bevor sie in zwei Prozessen aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde. In der Tat kamen die vom Gericht bestellten Gutachter mehrheitlich zu dem Schluss, dass die Explosion nicht von einer Bombe, sondern von einer defekten Gasflasche hervorgerufen wurde. Aus politischem Opportunismus und mit dem Ziel, Pinar zum Schweigen zu bringen, legte die Staatsanwaltschaft dagegen Berufung ein. Der Oberste Gerichtshof hat dieser Forderung stattgegeben und die erstinstanzlichen Urteile anulliert. Auf diese Weise wird also am 9. Februar nächsten Jahres in Istanbul ein kafkaesker Prozess von neuem aufgerollt, der bereits volle 12 Jahre andauert.

Bedroht und angegriffen von derselben nationalistischen Bewegung, auf deren Konto auch die Ermordung Hrant Dinks geht, schwebt Pinar in permanenter Gefahr. Sie hat es satt, immer nur über sich selber reden zu müssen, und möchte sich bei ihren internationalen Terminen endlich wieder den Tabuthemen widmen, die sie in ihren Büchern behandelt. Sie möchte sich mit Themen beschäftigen, die Inhalt ihrer Forschungsprojekte sind, und nicht als Verbrecherin betrachtet werden, an deren Händen Blut klebt. Im ihr aufgezwungenen Exil genießt sie die Unterstützung des Writers-in-Exile-Programms des deutschen P.E.N.-Zentrums und lebt derzeit als Flüchtling in Deutschland.

Der erste Besuch dieser dynamischen Frau, die stets ein Lächeln auf den Lippen hat, beim Europa-Parlament war nicht nur eine schöne Begegnung, sondern stellt auch den Beginn unserer gemeinsamen Bemühungen dar. Die Europa-Abgeordneten haben die Absicht, in einem Offenen Brief zum einen die türkische Regierung zur Festigung ihrer Zusammenarbeit mit dem Europarat sowie zur Ausnutzung aller der Europäischen Union zu Gebote stehenden Mittel aufzuordern, um Pinar zu helfen; besonders wichtig sind dabei die Entsendung von Prozessbeobachtern der Europäischen Kommission zur Gerichtsverhandlung am 9. Februar 2011 nach Istanbul und der Aufruf an alle Mitgliedsstaaten, Pinar ihren Schutz zuzusichern. Am Stand der Dinge ist zunächst nicht viel zu ändern, aber Pinar weiß jetzt, dass sie auch auf unsere Unterstützung zählen kann.

Brüssel, den 8. Dezember 2010
Hélène Flautre,
Vorsitzende der Delegation EU-Türkei

http://www.pen-deutschland.de/htm/aktuelles/pinar-selek-eu.php

Pınar Selek
Pınar Selek
Pınar Selek
Pınar Selek
Pınar Selek
Pınar Selek
Pınar Selek
Pınar Selek
Pınar Selek
Pınar Selek
Pınar Selek
Mahkeme Süreci Court Process