Pınar Selek
"Zum Mann gehätschelt"
14.04.2010
Eine deutsche und eine türkische Fahne in Berlin (Bild: AP) Eine deutsche und eine türkische Fahne in Berlin (Bild: AP)


Männliche Rollenbilder in der Türkei und in Deutschland

Von Frank Hessenland

Das Erscheinen von Pinar Seleks Studie "Zum Mann gehätschelt. Zum Mann gedrillt" hat die Heinrich-Böll-Stiftung zum Anlass für eine Diskussionsrunde über unterschiedliche Männer-Bilder in der Türkei und Deutschland genommen.


"Der Raum ist voller Menschen, viel zu viele für ein Kind, Verwandte, Nachbarn, sie alle haben sich im Wohnzimmer versammelt, es wird gefeiert, es ist zu laut. Es ist Kemals Mannwerdung mithilfe eines Messers."

In ihrer Studie "Zum Mann gehätschelt, zum Mann gedrillt", vorgetragen in der Heinrich Böll Stiftung Berlin, beschreibt Pinar Selek die Initiationsschritte, die ein Junge in der Türkei durchlaufen muss, bis er ein Mann ist, als durchgehend schmerzhaft. Da ist nicht nur die Tradition der Beschneidung der 9-Jährigen.

" Wenn er die Schmerzen aushält, wird er zum Mann und sein Pullermann wird, wenn er die Schmerzen aushält, wachsen. Kemal fährt mit der Hand über das Sultanskostüm und strafft stolz seinen Rücken. Mutlosigkeit und die Angst in seinem Blick überdeckt er mit einer gebieterischen Sultansmiene. Er versteckt sie. So begrüßt er seine Männlichkeit."

Auch der harte Militärdienst mit seinen Kampfeinsätzen in Kurdistan, die Unterordnung im autoritären Berufsleben und die oft von der Familie arrangierte Heirat durch die ein Mann erst ein Sprachrecht in der Familie erhält, formen ein Identitätsmuster, das Pinar Selen im Kern als gewaltnah beschreibt:

"Ein Mann muss etwas besitzen, egal was, Geld, eine Frau, ein Kind. Ein Mann muss immer stark sein und immer aktiv im Bett und anderswo, sonst wird ihm die Männlichkeit abgesprochen. Und ein Mann muss bereit sein, was er besitzt, mit seinem Leben zu verteidigen. Für viele ist die Last ein Mann zu sein sehr groß. Sie scheitern daran."

Wer nun jedoch mit westlich-kultureller Überheblichkeit auf die archaischen türkischen Männeridentitäten herabblicken wollte, wurde gestern schnell eines Besseren belehrt. Denn so weit entfernt von der türkischen Männlichkeitsvorstellung ist die deutsche historisch gesehen nicht. Immerhin spielte der "deutsche Offizier" als Leitbild des Mannseins hierzulande noch bis zum moralischen und militärischen Zusammenbruch nach dem Zweiten Weltkrieg die entscheidende Rolle. Seitdem hat sich das Mannsein in Deutschland jedoch deutlich vom Kämpferischen abgewandt, sagt der Soziologe Andrea
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Mahkeme Süreci Court Process